Ein halbes Leben für die Physiotherapie

Bruno Baviera ist 60!

Lieber, geschätzter Bruno

Seit bald 30 Jahren setzt du dich mit der Physiotherapie und ihren Grundlagen auseinander. Für mich als Physiotherapeut, als dein Freund und Weggefährte in der Schulleitung unserer Schule Anlass für eine persönliche Würdigung.

Bei unserer ersten Begegnung war ich Schüler an der Schule für Physiotherapie am Universitätsspital Zürich, du als Assistenzarzt an der dortigen Rheumaklinik Dozent an der Schule. Schon damals beeindruckte mich deine lebhafte, gestikreiche, bewegte Art zu unterrichten. Oft wurde so äusserlich sichtbar, was dich innerlich bewegte, und in deiner extrovertierten Art hast du uns meist auch verbal an dem dich Bewegenden teilhaben lassen. Wenn du in den letzten Jahren auch etwas ruhiger geworden bist, so werden doch auch deine heutigen Zuhörerinnen und Zuhörer an unserer Schule, an der Physiotherapieschule Triemli, am Institut für Bewegungswissenschaft der Uni Zürich und an den vielfältigen Kursen, die du gibst, von den mit brillanter Didaktik vermittelten relevanten Inhalten, deiner unglaublich tiefen und breiten Bildung, deiner sprachlichen Gewandtheit, deiner Schnelligkeit und Kreativität des Analysierens und Problemlösens, deinen darstellerischen Fertigkeiten, deinem Humor, kurz – von deinen mannigfaltigen Kompetenzen und deiner Lebendigkeit – fasziniert und gelegentlich verwirrt oder verunsichert sein.

Als junger Therapeut im Institut für Physikalische Therapie des USZ habe ich auch Patienten und Patientinnen von dir behandelt. Da erlebte ich dein ernsthaftes Bemühen, die Problematik deiner Patienten umfassend zu erkennen und mit nachvollziehbaren, wissenschaftlich fundierten Denkmodellen und Konzepten zu behandeln. Kein anderer Arzt nahm sich so viel Zeit, um den Patienten verstehen zu lernen, seinen Anliegen an die Medizin gerecht zu werden und um die Therapie mit dem Behandelnden zusammen abzusprechen. Dein Bemühen, der Sache auf den Grund zu gehen, deine Einfühlsamkeit und dein persönliches Engagement für deine Patienten haben es dir bereits damals schwer gemacht, nachzuvollziehen, warum die Medizin nur zu oft oberflächlich rezeptartig handelt.

Mittlerweile arbeiten wir seit bald 14 Jahren als Schulleitung der Schule für Physiotherapie Aargau, Schinznach zusammen. Ich erhielt so vielfältigen Einblick in dein Leben. Einer grossen Zahl von Berufsgruppen und Einzelnen ihrer Angehörigen hast du deine Kenntnisse und Fähigkeiten als Lehrer, Referent, Autor, Kritiker, Berater, Prüfungsexperte und Mentor zur Verfügung gestellt. So hast du Lehrgänge, Prüfungsabläufe, Kongresse, Tagungen, Seminare, Sitzungen und Workshops, vor allem aber Menschen – Turnlehrer, Gymnastiklehrerinnen, Bewegungswissenschafterinnen, medizinische Masseure, Psychomotorikerinnen, Ergotherapeutinnen und Physiotherapeuten – nachhaltig geprägt.

Du hast dich durch permanentes Nachdenken, fortwährendes Lesen, häufiges Fernsehen, regelmässiges Besuchen von Weiterbildungen, unablässiges Erörtern, kontinuierliches Hinterfragen und des Öftern durch Schreiben wie kaum ein Zweiter mit den vielschichtigen, komplexen und mengenmässig fast nicht mehr zu überblickenden Grundlagen der Physiotherapie und ihr verwandter Berufe auseinander gesetzt. Dabei war es dir immer ein Anliegen, das in der Theorie Erkannte für die Praxis nutzbar zu machen. Durch systematische Aufarbeitung dieser Grundlagen und durch das verständliche Vermitteln derselben in Wort und Schrift hast du Beiträge zur gezielten Handlungsfähigkeit der genannten Berufe geleistet, deren Wert nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Es ist deshalb umso schmerzhafter, dass gerade die "offizielle Physiotherapie" der Schweiz diesen Wert noch kaum erkannt und gewürdigt hat. Mit deinen drei Publikationen* hast du dir und mir den Wunsch erfüllt, einen Teil der von dir erarbeiteten Aspekte zu Papier zu bringen und so einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Als Präsident des Schleudertraumaverbandes hast du vielen Leidenden eine in der Medizin, im Versicherungsdschungel und in der Gesellschaft vermehrt beachtete Stimme verliehen und sie ermutigt, trotz für Aussenstehende nicht sichtbaren Einbussen von Leistungsfähigkeit und Alltagsfunktionen selbstbewusst für ihre Rechte einzustehen.

Als Schulleiter, Mitglied der Fachkommission Physiotherapie des SRK, als Berater der Berufsverbände für medizinische Massage und als Präsident des Berufsverbandes für Gymnastik und Bewegung Schweiz setzt du dich unermüdlich für eine funktionsorientierte Ausbildung und möglichst umfassende Bildung dieser Berufsgruppen ein.

Lieber Bruno, ich erachte es als Privileg, mit dir zusammenarbeiten zu können. Ich schätze deine Offenheit und Transparenz, dein kritisches Hinterfragen, deinen scharfen, kreativen Verstand, deine Direktheit, deine Einfühlsamkeit, deinen Humor, deine Freundschaft.

Ich danke dir, wie ich annehme im Namen vieler meiner Berufskolleginnen und -kollegen, für dein grosses, wertvolles Engagement für die Sache der Physiotherapie.

Für deine Zukunft wünsche ich dir mehr Freude am Erkannten als Stress ob dem Vielen noch zu Erkennenden; immer wieder Momente der inneren und äusseren Ruhe; Geduld, Gelassenheit und Barmherzigkeit im Umgang mit den Unzulänglichkeiten anderer und des Umfeldes; das Finden von mehr Gleichgesinnten, die Ernte von Früchten deines Engagements; mehr Anerkennung für das Geleistete sowie viel Kraft und Ausdauer für deine künftigen Tätigkeiten und Projekte.

Lass uns auch weiterhin unbeirrt unserem gemeinsamen Motto folgend in unseren Funktionen und Aufgaben fortfahren: "Ehrlich strebend sich bemühend". Denn wie du selbst sagst: "Ich bin überzeugt, dass, wenn wir die Vielfalt des Lebens dosiert an uns herantreten lassen, uns dieses Leben bewegt und wir damit auch andere bewegen können."

Heinz Hagmann

Physiotherapeutischer Leiter der Schule für Physiotherapie Aargau, Schinznach

 

* Im SynErg-Verlag Zürich sind folgende Bücher von Bruno Baviera erschienen:

Alle Bücher können beim Sekretariat der Schule für Physiotherapie Aargau, Schinznach,

5116 Schinznach-Bad, bezogen werden:

Tel.: 056 463 89 11

Fax: 056 463 89 90

Mail: physioschule@ag.ch