Spiraldynamik® -Jahreszeitschrift 01/96
Der bemerkenswerte Fall
Ann Coudijzer, Physiotherapeutin
   
Eine Patientengeschichte

Integration neuer Bewegungsmuster im Alltag

   
 
D.C. ist 56jährig, Hausfrau und Sprachlehrerin. Die Vorgeschichte ist unauffällig: Drei normale Geburten, keine Unfälle, keine schweren Krankheiten.
 

Seit etwa 10 Jahren treten immer wieder starke Schmerzen im rechten Schultergelenk mit elektrisierender Auswirkung in den Arm auf. Während der akuten Schübe können die Beschwerden durch seitliches Anheben des Armes ins Unerträgliche gesteigert werden, Schmerzen und Kraftlosigkeit machen der berufstätigen Frau erheblich zu schaffen.
Dreimal wurden bisher physiotherapeutische Behandlungen durchgeführt: einmal warme Fangopackungen, dann Ultraschall und schliesslich passive Bewegungstherapie. Es trat jeweils eine leichte vorübergehende Besserung ein. Anfang 1995 erfolgte dann die Überweisung an einen orthopädischen Facharzt. Dieser konnte die schmerzhafte Bewegungseinschränkung im rechten Schultergelenk mit starker Druckschmerzhaftigkeit bestätigen. Das Röntgenbild zeigte eine 3 Zentimeter grosse kalkdichte Ablagerung im Schultergelenkbereich. Die Diagnose lautete :"Periarthritis calcarea" mit einer riesigen scholligen Kalkablagerung in der Supraspinatussehne, jener Sehne, die durch den Engpass zwischen Oberarmkopf und Schultereck führt.
Von orthopädicher Seite wird eine operative Ausräumung des Kalkdepots empfohlen. Die Patientin entschliest sich, mit dem Eingriff abzuwarten und stattdessen nochmal auf die Karte Physiotherapie zu setzen. Diese Therapie wurde von einer diplomierten Physiotherapeutin gemäss dem spiraldynamischen Behandlungskonzept durchgeführt. Die endzündliche Kalkbildung - so ist anzunehmen - ist durch mechanische Irritation infolge Platznot zwischen Oberarmkopf und Schultereck entstanden.
Durch gezielte Wahrnehmungsschulung lernte die Patientin die Bewegungsgewohnheiten ihrer Schulter kennen und ändern. Schlüsselpunkt dabei war das Zurück- und Abwärtsgleiten des Humeruskopfes im Schultergelenk. Nur dadurch können die normalen Platzverhältnisse wieder hergestellt werden. Die Therapie umfasste zwölf halbstündige Sitzungen in einwöchigem Abstand, gefolgt von sechs weiteren Behandlungen zur Konsolidierung.
Innerhalb weniger Wochen war Frau D.C. vollkommen beschwerdefrei. Auch heute noch, 10 Monate nach der Therapie, ist das Schultergelenk schmerzfrei und vollkommen frei beweglich. Zusätzlich habe sich ihr Körperbewusstsein, speziell die Körperhaltung im Alltag, stark zum Positiven geändert. Auch sei die Atmung merklich freier geworden. Mittels eines Kontrollröntgenbildes wurde die Auflösung der Kalkablagerung dokumentiert.
Ein solch günstiger Verlauf wie bei Frau D.C. kommt selten vor. Die verkalkende Entzündung ist ursächlich durch ständige mechanische Irritation bedingt. So ist die Wiederherstellung anatomisch korrekter Verhältnisse für eine Heilung ohne Operation Voraussetzung: Die Entzündung klingt ab, das Kalkdepot wird resorbiert. Eine dauerhafte Heilung bedingt eine konsequente Änderung eingeschliffener Haltungs- und Bewegungsgewohnheiten. Eigenmotivation der Patientin und physiotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten haben sich in diesem Fall aussergewöhnlich gut ergänzt.
Die Patienten hat uns Einsicht in alle medizinischen Akten gewährt und ist mit der Veröffentlichung in dieser Form einverstanden.
   
  
Aufgelöst: Der gute Gebrauch der Schulter half, die 3cm grosse Kalkablagerung zum Verschwinden zu bringen.